19.01.2022
Einstellung der BEG-Förderung zum 55er-Standard im Neubau
Worum geht's?
Einerseits… Andererseits
Nachdem die „Bundesförderung für Effiziente Gebäude“ (BEG) Anfang des Jahres schrittweise bis Mitte des Jahres eingeführt wurde, wurde nun Ende des Jahres schon die erste wesentliche Veränderung der Förderung veröffentlicht. So wird die BEG-Förderung für den Neubau von Wohngebäuden und Nicht-Wohngebäuden zum 01.02.2022 für den Effizienzhaus/-gebäude-Standard 55 (EH/EG55) eingestellt.
Konkret betroffen sind alle hiermit in Zusammenhang stehenden Gebäudestandards:
- Effizienzhaus/-gebäude 55,
- Effizienzhaus/-gebäude 55 Erneuerbare Energien (EE)
- Effizienzhaus/-gebäude 55 Nachhaltigkeit im Neubau (NH)
Laut Bundesregierung ist der Hintergrund der Maßnahme die geringe CO2-Einsparung im Neubausektor im Vergleich zum Einsparpotential in der Sanierung. Zudem wird argumentiert, dass sich der EH/EG55 Standard mittlerweile bereits als Neubaustandard durchgesetzt hat. Eine Begründung, die wie so oft zwei Seiten hat.
Einerseits…
…ist es sicherlich richtig, dass bei Sanierungen das CO2-Einsparpotential höher einzuschätzen ist als im Neubaustandard. Durch die gesetzlichen Mindestanforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), die beim Neubau sowieso schon eingehalten werden müssen, ist der Unterschied zwischen einem auf das gleiche energetische Endniveau sanierten Gebäude, z.B. EH/EG55, höher als ein im gleichen energetischen Standard errichteten Neubau. Für eine möglichst effektive CO2-Einsparung ist es damit nur folgerichtig, dass der Sanierungssektor mehr gefördert wird als der Neubaubereich. Sicherlich auch um den baulichen Mehraufwand einer Sanierung im Vergleich zu einem besseren energetischen Standard im Neubau abzubilden.
Andererseits…
…war ebendies in der bisherigen Förderstruktur der BEG-Förderung bereits durch höhere Fördersätze bei der Sanierung berücksichtigt. So beträgt die Förderquote für den geringsten förderfähigen Effizienzhausstandard in der Sanierung EH100 27,5 % und er höchste Effizienzhausstandard im Neubau EH40+ 25%. Eindrücklicher ist vielleicht noch der Vergleich des gleichen energetischen Standards. So wird der EH55-Standard im Neubau mit 15% gefördert in der Sanierung mit 40%. Durch den Entfall des 55er-Standards hat der Bauherr nun beim Neubau die Wahl zwischen dem reinen GEG-Standard ohne Förderung und dem in Teilen doch ambitionierten EH40-Standard mit BEG-Förderung. Durch hohe Anforderungen an die Gebäudehülle beim letztgenannten Standard und die hiermit in vielen Fällen einhergehende Wohn- oder Nutzflächenreduzierung wird eine spannende Frage der Zukunft sein für welchen baulichen Standard sich der Bauherr nun entscheidet.
Einerseits…
…ist es richtig, dass sich der EH/EG55-Standard in der Planung mittlerweile etabliert hat und bei sehr vielen Bauvorhaben als Planungsziel definiert wird. Hintergrund ist sicherlich das gute Verhältnis von Mehraufwand zu Energieeinsparung und Leistungsreduzierung auf Erzeugerseite. Durch den bisher bei diesem Baustandard hinzukommenden Tilgungszuschuss der Förderung von 15 % oder 17,5 % war die Frage der Wirtschaftlichkeit in der Regel relativ schnell beantwortet.
Andererseits…
…muss eben diese Frage nun neu gestellt werden. Überwiegen die zuvor genannten energetischen und auch marketingtechnischen Vorteile eines höheren energetischen Baustandards gegenüber dem baulichen Mehraufwand und den beim EH/EG55-Standard durch größere Dämmstärken eintretenden Flächenverlust? Diese Abwägung muss bei zukünftigen Bauvorhaben zumindest mittelfristig individuell von jedem Bauherrn neu getroffen werden. Das Risiko, das durch die Einstellung des EH/EG55-Standards nun im Neubau eintritt, ist damit eine Verschlechterung des mittleren energetischen Neubauniveaus für den Fall, dass einige Bauherren den Mehraufwand höher einschätzen als den Nutzen.
Die Frage nach dem idealen energetischen Standard muss im Neubausektor in vielen Fällen nun neu beantwortet werden. GEG-Mindeststandard, EH/EG55 ohne Förderung oder doch EH/EG40 mit Förderung? Bei Ihrer individuellen Entscheidung zum energetischen Gebäudestandard beraten und unterstützen wir Sie gerne und stellen für Sie verschiedene Varianten gegenüber, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Kommen Sie gerne auf uns zu.
Text: M. Eng. Benjamin Hanisch, stellv. Abteilungsleiter Bauphysik EGS-plan
Bild: Deutsche Energie Agentur GmbH (Dena)
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